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Tim | 01.10.2025

Porträt von George Lucas vor einem Weltraumhintergrund mit Planeten und Sternen, er trägt Brille, ein kariertes Hemd und blickt in die Kamera. Foto von Gage Skidmore.

George Lucas: Legende, Meme oder Heilsbringer?

Steven Spielberg ist Hollywoods ewiges Wunderkind. Sein sehr guter Freund George Lucas müsste dann wohl so was wie sein Bruder oder zumindest ein Cousin sein. Denn wie Kumpel Steven hat Lucas die Filmbranche nachhaltig verändert. Und das mehrfach, wenn auch auf andere Art und Weise. Trotzdem genießt der Erfinder von Star Wars nicht mal ansatzweise einen so positiven Ruf wie der Erfinder des Sommer-Blockbusters. Warum ist das so? Wieso wünschen sich heute trotzdem mehr und mehr Fans, dass Lucas nochmal zu Star Wars zurückkehrt? Und könnte Lucas gleichzeitig Problem und Lösung für die Zukunft der weit, weit entfernten Galaxis sein?

Ein Flop, ein Hit

Im Jahr 1964 begann ein dürrer Junge sein Studium an der Filmhochschule. Nur 15 Jahre später war er Multimillionär und hatte Filmgeschichte geschrieben. Nicht schlecht! Doch wenig überraschend war der Weg dahin nicht frisch asphaltiert und sicher, sondern voller Schlaglöcher und Stolpersteine. Denn George Lucas’ erster Film, THX 1138, übrigens produziert von einem anderen guten Freund (Francis Ford Coppola), war trotz visueller Stärken ein ziemlicher Reinfall. Zumindest finanziell. Kurz sah es so aus, als wäre Lucas’ erstes Projekt auch sein letztes. Denn wer gibt einem jungen Möchtegern-Visionär mit Flop in der Vita schon gern Geld für einen weiteren Film? Zum Glück erbarmte sich Universal und ließ Lucas eine Geschichte über gelangweilte wie autobegeisterte Teenager in einer Kleinstadt erzählen – und landete mit American Graffiti einen Mega-Hit!

Ein Deal, der alles verändert

Zwei Filme: einer meh, einer fantastisch. Genau die Sorte Regisseur, bei der niemand vorhersagen kann, wie das nächste Projekt laufen wird. Zumal Lucas einen experimentellen Western im Weltall im Kopf hatte, der so gar nicht billig klang. Wer würde sich auf diesen Münzwurf einlassen? Universal schon mal nicht, die lehnten dankend (vermutlich nicht mal das) ab. Alan Ladd Jr. von 20th Century Fox allerdings gab dem Jungen eine Chance. Auch, weil George Lucas auf ein Honorar von 500.000 Dollar verzichtete und dafür lediglich die Lizenz- und Merchandise-Rechte wollte. Dass sich Fox darauf einließ, zeigt deutlich, wie viel Vertrauen man in Star Wars hatte.

Es war ein Deal, der alles verändern sollte! Denn allein durch Spielzeuge scheffelte Lucas so verdammt viel Kohle, dass er (fast) nicht mehr auf das Geld der Studios angewiesen war. Das war das erste Ereignis, das die Filmlandschaft prägte, denn Lucas und Star Wars kreierten quasi im Alleingang das moderne Geschäft mit Merchandise zu Filmen. Vor allem aber brachte ihm das Geld: Freiheiten.

Technik, die begeistert

Das Geld investierte Lucas in seine Fortsetzungen, allen voran in Techniken, die er mit seiner Firma Industrial Light and Magic (ILM) erfand – und damit auch technologisch Geschichte schrieb. Der Dykstraflex ist ein gutes Beispiel. Denn das computergestützte Motion-Control-Kamerasystem von John Dykstra ermöglichte erst die dynamischen Raumschlachten, die der Academy sogar einen Oscar für die besten visuellen Effekte wert war. Solch technische Aspekte darf man nicht unterschätzen, wie auch der Sozialwissenschaftler Toby Miller weiß: "George Lucas hat ein Genre, das kitschig wirkte, durch Investitionen in neue Ideen, Technologien und Menschen zu einem hochkarätigen Film gemacht. Letztendlich standen die Geschichte und die Bilder im Mittelpunkt und nicht die Schauspieler.“ Wenn das mal nicht nach jedem Blockbuster heute klingt, weiß ich auch nicht.

Vorläufiges Karriereende?

Über den Erfolg des ersten Star Wars-Films, der damals noch nicht Episode IV: Eine neue Hoffnung hieß, muss ich nichts mehr schreiben. Viel spannender ist an dieser Stelle was anderes: George Lucas, der Typ, der gerade den erfolgreichsten Film des Jahres geliefert hatte, beschloss, den Regiejob an den Nagel zu hängen! Nach gerade mal drei Filmen! Eine Entscheidung, die sich, ähnlich wie der Merchandising-Deal, als goldrichtig erweisen sollte. Doch von vorn:

Dass Lucas nicht mehr Regie führte, hieß nicht, dass er nicht mehr involviert war. Im Gegenteil! Lucas hatte ja die volle Kontrolle über sein Filmuniversum und konnte machen, was immer er wollte – inklusive Ewoks und Holiday Special. Aber er war kein Despot wie Imperator Palpatine, sondern ein technikbegeisterter Typ, der um seine Schwächen wusste. Und so holte er sich für Episode V: Das Imperium schlägt zurück und Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter Hilfe. Die generelle Story stammt zwar weitgehend von ihm, die Dialoge aber ließ er unter anderem von Leigh Brackett und dem damals völlig unbekannten Lawrence Kasdan schreiben. Und was die Regisseure angeht: Irvin Kershner und Richard Marquand hatten zwar keine Narrenfreiheit – das gilt besonders für Marquand –, aber sie waren da und brachten ihre eigene Vision mit. Was auch dafür sorgte, dass sich Lucas auf seine Stärken konzentrieren konnte, den Schnitt und natürlich Spezialeffekte.

Welterfolg #2

All das dient als Foreshadowing für die Prequel-Trilogie. Doch bevor wir diesen Sprung wagen, sei George Lucas’ unglaublicher Lauf erwähnt. Denn nebenher brachte er, gemeinsam mit Steven Spielberg, noch Indiana Jones auf die Leinwand. Und genau wie Star Wars überwältigte Jäger des Verlorenen Schatzes die Zuschauer! Die Mischung aus atemberaubender Action, wunderschöner Inszenierung, Humor und Spannung, einem charismatischen Helden und ikonischer Musik macht Indys erstes Abenteuer noch heute zu einem Meisterwerk. An der Stelle sei auch das Spin-off Die Abenteuer des jungen Indiana Jones genannt. Denn für die damalige Zeit setzte die Serie Maßstäbe für hohe Produktionsstandards. Vor allem aber experimentierte Lucas hier schon mit digitalen Techniken, die später in der Prequel-Trilogie zum Einsatz kommen und die Filmlandschaft abermals revolutionieren sollte, beispielsweise mit dem Einsatz komplett digitaler Kameras.

Ja, klar: George Lucas war nicht perfekt. Natürlich hatte er auch Misserfolge, man denke nur an Howard the Duck. Aber in nur wenigen Jahren hatte sich der dürre Filmstudent einen Status erarbeitet, der ihn zur lebenden Legende machte. Ein Status, den ihm niemand nehmen konnte – außer vielleicht: er selbst?

Rückkehr und Fall

22 Jahre (!) nach seinem letzten Gig als Regisseur nahm Lucas nochmal auf dem Regiestuhl Platz, um Episode I: Die dunkle Bedrohung zu inszenieren. Doch diesmal würde es nach dem ersten Film keinen Regiewechsel oder auch nur andere Autoren geben. Nein, für die Prequels übernahm George Lucas stets die Regie, das Drehbuch, die Produktion und, wenn auch ohne Credit, den Schnitt. Also eigentlich alles. Was rückblickend schade ist, denn die Originaltrilogie hatte sehr davon profitiert, dass viele Menschen mit unterschiedlichen Meinungen daran mitgewirkt hatten.

So aber fiel George Lucas mit den Prequels, vor allem den ersten beiden Teilen, auf die Nase. Nicht in finanzieller Hinsicht, zugegeben. Doch an den allermeisten Kritikern und vielen (älteren) Fans prallte die Vorgeschichte bei aller Begeisterung für die Effekte ab. Und so verdienten sich die Prequels (Episode III: Die Rache der Sith klammere ich mal wortwörtlich aus) Labels dieser Art: Lachnummer. Kinderkram. Meme-Quelle. Politischer Irrweg.

Das ist jetzt arg vereinfacht, aber für viele Prequel-Kritiker gab es einen Hauptschuldigen für das "Desaster": George Lucas. Der Mann, der uns die weit, weit entfernte Galaxis geschenkt hatte, war mehr und mehr zum Problem dieser Welt geworden. Neue Ideen wie die Midi-Chlorianer entsetzten Fans genauso wie der laufende Comic Relief Jar Jar Binks oder der Fokus auf politische Diskussionen mit Handelsförderationen. Mehr Stimmen, mehr Verantwortliche hätten dem Projekt gutgetan. Doch wer würde schon der lebenden Legende George Lucas offen widersprechen?

Verkauf zur falschen Zeit?

Zeitsprung ins Jahr 2012, in dem George Lucas sein Lebenswerk an Disney verkaufte. Der offizielle Grund damals: Das Alter. Klar hatte der damals 68-Jährige Ideen für weitere Star Wars-Filme (mehr dazu später), doch eine Trilogie verschlingt seiner Schätzung zufolge mindestens zehn Lebensjahre. Daher wollte er sich lieber auf seine Familie konzentrieren. Jahre später nannte Lucas übrigens noch einen Grund für die Entscheidung: Streaming! "Ich wusste nicht, wie sich das alles entwickeln würde. Aber es war klar, dass ein großer Wandel stattfand, über den ich nicht viel wusste. Also verkaufte ich das Unternehmen und ging in den Ruhestand."

So viel zu den offiziellen Aussagen. Ich lehne mich aber nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich vermute, dass die vielen Kontroversen um die Prequels auch ihren Beitrag geleistet haben. Zumindest kann ich mir einen Verkauf von Star Wars nicht vorstellen, wären die Prequels universell gefeiert worden. Was aus heutiger Sicht fast schon ironisch, auf jeden Fall aber bitter ist. Denn es war genau die Zeit, in der die Prequels eine komplette Neubewertung erfuhren und plötzlich innig geliebt wurden! Dafür gibt es viele Gründe (die du hier nachlesen kannst), einer davon hat mit dem größten Makel von Disneys Sequel-Trilogie zu tun.

Die Abwesenheit eines Plans

Egal, was du über die einzelnen Filme der Sequel-Trilogie denkst, eins ist klar: Disney hatte schlicht keinen groß angelegten Plan, sondern dachte von Film zu Film. Selbst Kathleen Kennedy spricht mittlerweile öffentlich darüber, wie schwierig es war, das Star Wars-Universum ohne George Lucas weiterzuentwickeln, die Geschichte zu Ende zu erzählen.

Ich mach’s kurz: Mit Episode VII: Das Erwachen der Macht gelang J.J. Abrams ein fulminanter Start, auch wenn’s ein bisschen weniger Episode IV hätte sein dürfen. Doch dann kam Episode VIII: Die letzten Jedi – und spaltete die ohnehin schwierige Fangemeinde wie kaum ein Film zuvor. Wo sich Kritiker ausnahmslos begeistert zeigten, hassten viele Fans alles, was Rian Johnson mit ihren Kindheitshelden anstellte. Was Disney dazu bewog, J.J. Abrams zurückzuholen und plötzlich hart in die entgegengesetzte Richtung zu steuern. Dieses ständige Hin und Her hat den Filmen wahrlich nicht geholfen.

Dass die Verantwortlichen keinen Plan für das Filmuniversum hatten, sieht man auch daran, dass in sechs Jahren nach Episode IX sage und schreibe 20 Star Wars-Filme angekündigt wurden, von den bislang keiner erschienen und nur zwei direkt in Entwicklung sind. Besser lief es bei den Serien, wobei es auch dort zuletzt Probleme gab – mehr dazu liest du hier.

Schwäche = Stärke?

All das trug seinen Teil dazu bei, dass die Prequels heute einen anderen Status haben. Ob du sie nun hasst oder liebst, sie sind konsequent und kohärent. Sie erzählen eine durchgehende Geschichte, die vom gelungenen Spin-off The Clone Wars noch vertieft wurde. Und so wurde aus dem einstigen Makel, nämlich, dass George Lucas bei den Prequels das alleinige Sagen hatte, eine Stärke, die man bei Disney schmerzlich vermisste. Mittlerweile wünschen sich viele Fans George Lucas sogar zurück! Das liest man nicht nur allenthalben in irgendwelchen Internetforen, auch in einer Elbenwald-Umfrage sagten 85 Prozent der Teilnehmenden, dass sie sich über einen Film oder eine Serie von George Lucas unter Disney freuen würden. Und da stellt sich die Frage: Wie wäre es mit Star Wars unter Lucas weitergegangen?

Der ursprüngliche Plan

Im Interview mit Paul Duncan für das Buch Star Wars Archives: Episodes I-III: 1999-2005 (sehr empfehlenswert!) enthüllte Lucas einige seiner Ideen. Bleiben wir zunächst bei den Skywalkers: Luke hätte, wenig überraschend, den Jedi-Orden wieder aufgebaut und wäre dabei auf einige Überlebende der Order 66 gestoßen. Die eigentliche Hauptrolle seiner Sequel-Trilogie wäre aber Leia zugekommen. Sie hätte die Republik wieder aufgebaut, wäre deren Anführerin geworden und am Ende sogar als eigentliche Auserwählte enthüllt worden!

Außerdem hatte Lucas mehrere Einzelprojekte im Kopf, etwa einen Film über die Sith-Lords Darth Maul und Darth Talon, Letztere kennen wir aus der tollen Comicreihe Star Wars: Legacy. Auch für die Ewoks und Wookiees hatte Lucas Filmpläne. Wichtiger, mutiger und schon in der Konzeptionsphase umstrittener aber war seine Idee für eine weitere Trilogie nach den Sequels. Denn Lucas hielt an der Idee der Midi-Chlorianer fest und wollte sie sogar ausbauen: "Es gibt diese Welt von Kreaturen, die anders funktionieren als wir. Ich nenne sie die Whills. Und die Whills sind diejenigen, die tatsächlich das Universum kontrollieren. Sie ernähren sich von der Macht."

Lucas und die Zukunft von Star Wars

Bei all dem gilt: Das waren Ideen. Und Ideen ändern sich. Auch bei der Originaltrilogie hat sich vieles teils fundamental verändert, obwohl die Dreharbeiten schon liefen. Trotzdem lasse ich mich zu dieser Aussage hinreißen: Hätte George Lucas nicht verkauft, hätten uns seine Filme, genau wie die Prequels, herausgefordert. Sie wären mutig gewesen. Hätten sich nicht krampfhaft an die Vergangenheit gekrallt, wie es Disney mit seinen vielen Bezügen zur Skywalker-Saga zuletzt getan hat. (Nein, ich hasse nicht alles, was Disney mit Star Wars gemacht hat.) Auch wenn ich eine aktive Rückkehr für ausgeschlossen halte: Mehr George Lucas würde Star Wars gut tun. Er war vielleicht nicht der beste Regisseur, erst recht kein guter Dialogautor. Aber er war ein großer Visionär, der eine kohärente Geschichte erzählen konnte. Und genau das könnte die weit, weit entfernte Galaxis heute gut gebrauchen.