28.02.19

50 Jahre Herr der Ringe: Interview mit Stephan Askani von Klett-Cotta

50 Jahre Der Herr der Ringe - Interview mit Stephan Askani

Im Februar 2019 feiert Der Herr der Ringe Geburtstag: Vor 50 Jahren erschien das Fantasy-Epos von JRR Tolkien erstmals in deutscher Übersetzung! Und der Klett-Cotta-Verlag lässt es sich freilich nicht nehmen, eine {"limitierte Sonderausgabe"|ArticleUrlOrNot:E1056648:"":true} des Klassikers herauszubringen. Und zwar mit den Originalcovern der Erstausgabe von 1969 und natürlich in der Übersetzung von Margaret Carroux.

Das Jubiläum ist aber nicht nur für Klett-Cotta eine große Sache, sondern auch für uns. Schließlich gäb’s ohne Der Herr der Ringe auch keinen Elbenwald! Und wir lassen es uns freilich nicht nehmen, zu diesem Anlass etwas genauer auf das Thema zu schauen. Deshalb haben wir mit einem echten Experten über Bücher, unterschiedliche Ausgaben und Übersetzungen, Fantasy-Fans, den Buchmarkt und natürlich die geplante Amazon-Serie gesprochen. Und dieser Experte ist kein Geringerer als Stephan Askani, der seit mehr als 15 Jahren bei Klett-Cotta für den Bereich Fantasy und damit JRR Tolkien zuständig ist. Viel Spaß beim Lesen!

Stephan Askani

Über Stephan Askani

Stephan Askani studierte neue deutsche Literatur, Philosophie und allgemeine Rhetorik in Tübingen und Paris. Bei Klett-Cotta ist er seit 1996 tätig, 2003 wurde er Lektor für fantastische Literatur (Hobbit Presse). Seitdem arbeitete er an unzähligen Büchern, unter anderem den deutschen Ausgaben von Die Kinder Húrins, Beren und Luthien, Der Fall von Gondolin sowie einer neuen Ausgabe der Herr der Ringe-Übersetzung von Margaret Carroux.

Du bist seit 2003 bei Klett-Cotta/Hobbit Presse und unter anderem für Tolkiens Werke zuständig. Wie hat sich deine Arbeit als Lektor in mehr als 15 Jahren verändert?

Ich hätte fast vergessen, dass das schon 15 Jahre sind, und beginne mal mit dem, was gleich geblieben ist. Im Mittelpunkt stehen nach wie vor die Suche nach neuen Titeln, die auch wirklich zu Klett-Cotta passen, und die Pflege des bestehenden Programms, wozu ja auch Tolkien gehört. Damals 2003 hätte ich nicht gedacht, dass noch so viel aus dem Nachlass an von Christopher Tolkien Neuediertem kommt: Die Kinder Húrins, {"Beren und Lúthien"|ArticleUrlOrNot:E1048201:"":true}, {"Der Fall von Gondolin"|ArticleUrlOrNot:E1054653:"":true}, um nur die drei bekanntesten Titel zu nennen. Das hat die Arbeit mit jedem Buch spannender gemacht. Als zweites war ich überrascht, auf welch hohem Niveau auch zeitgenössische Autoren, wie Patrick Rothfuss, Anthony Ryan oder auch Kevin Hearne schreiben. Das hat mich im Lauf der Jahre immer mehr darin bestärkt, dass es auch heute richtig ist, in der Fantasy auf Qualität zu setzen. Im Sommer erscheint bei uns der Auftaktband einer neuen Trilogie Der Ruin der Könige von Jenn Lyons, eine Autorin, die genau für diesen erzählerischen Qualitätsanspruch steht. Geändert hat sich aber sicher, dass, wer heute die Rechte an einem Spitzentitel erwerben will, schneller sein muss. Und er muss unter Umständen auch ein höheres Garantiehonorar bezahlen. Kurzum, der Markt ist umkämpfter.

Allein in den letzten vier Jahren erschienen bei Klett-Cotta 13 Bücher von Tolkien, darunter Kindergeschichten und Neuauflagen. 2019 erscheinen mindestens zwei weitere Bücher, die Jubiläumsausgabe mitgezählt. Ist das Interesse an Tolkien größer denn je?

Das Interesse ist wirklich erstaunlich groß, sowohl an den zentralen Büchern wie {"Der Herr der Ringe"|ArticleUrlOrNot:E1050073:"":true}, {"Das Silmarillion"|ArticleUrlOrNot:E1012846:"":true}, {"Der Hobbit"|ArticleUrlOrNot:E1022624:"":true}, als auch an den neuedierten Werken, wie Der Fall von Gondolin. Offenbar wachsen hier immer neue Lesergenerationen nach und gleichzeitig erweitern und vertiefen "alte" Fans ihre Lektüre ständig.

Was glaubst du ist es, das die Menschen nach so vielen Jahren immer noch an Der Herr der Ringe begeistert?

Es ist ein die Zeiten überdauerndes Epos, wie zum Beispiel auch die Odyssee, mit der es viele Gemeinsamkeiten hat. Man kann den Herrn der Ringe auf so viele verschiedene Arten lesen. Erstens ist es ein wunderbares Buch über Freundschaft. Wer hätte nicht gern solche Freunde wie Sam, Merry, Pippin oder gar Gandalf? Dann ist es ein Buch über die extremsten Landschaften, die man sich denken kann. Wer mit Frodo und den Gefährten auf Reisen war, der muss nicht mehr unbedingt ins Himalaya-Gebirge gehen. Dann ist es ein sehr, sehr kluges Buch über Sprache und Sprachen. Und der Stoff hat eine unglaubliche Tiefe, weil er so weit zurück reicht in vergangene Zeiten. Und nicht zuletzt: Der Herr der Ringe ist einfach unglaublich spannend.

Die neue Jubiläumsausgabe bringt die Original-Cover der Erstausgabe zurück – und die alte Übersetzung von Margaret Carroux. Warum habt ihr euch gegen die Übersetzung von Wolfgang Krege entschieden?

Wir haben uns nicht gegen Krege entschieden, sondern für Carroux. Einer bestimmten Käufergruppe, die viele Ausgaben sammelt, ist vielleicht Carroux etwas näher.

Wo wir beim Thema sind: Ich wurde neulich von einem Fan der Filme, der endlich mal die Bücher lesen wollte, gefragt, welche Übersetzung er lesen solle, Carroux oder Krege. Was würdest du darauf antworten?

Man kann beide vorbehaltlos empfehlen. Carroux trifft vielleicht das Archaische in Tolkiens Ansatz besser, Krege bringt besser den britischen Humor Tolkiens rüber.

Bei so vielen unterschiedlichen Varianten und Sonderausgaben: Was ist deine persönliche Lieblingsausgabe von Der Herr der Ringe und warum?

Da nenne ich drei. Meine erste Lektüre war die grüne Ausgabe, die ich Ende der 70er Jahre von der Schwester meiner Freundin ausgeliehen hatte. Hier in meinem Büro steht (gut versteckt) die deutschsprachige Erstausgabe von 1969/70. Aber immer in Reichweite ist auch die große von Alan Lee illustrierte Ausgabe in einem Band; es ist für mich ein Phänomen, wie „tolkiengemäß“ Alan Lee (und übrigens auch John Howe) die Landschaften und die Architekturen von Mittelerde wiedergibt.

Die Herr der Ringe-Fangemeinde steckt unglaublich tief im Thema und achtet auf jedes Detail. Das hat man bei der damals neuen Übersetzung von Wolfgang Krege mitbekommen, die von vielen kritisiert wurde. Wie ist es, für so eine Leserschaft zu arbeiten?

Ich habe immer wieder mit engagierten Tolkienfans auch kontrovers diskutiert und muss sagen, ich schätze sie sehr. Das sind wirklich gute Leute, die sich für das, was sie lieben, einsetzen.

Glaubst du, dass die kommende Herr der Ringe-Serie von Amazon positive Auswirkungen für Tolkien-Bücher mit sich bringt, wie damals die Filme von Peter Jackson?

So eine Serie entfaltet sicher eine positive Wirkung, auch auf die Nachfrage nach den Büchern, das ist gar keine Frage. Man muss dabei ja auch sehen, dass viele, die aus solch einem Impuls heraus anfangen zu lesen, ja auch dabei bleiben. Einer, der heute Tolkien liest, liest morgen vielleicht Tad Williams, George Martin und Patrick Rothfuss.

Man las zuletzt immer wieder vom kriselnden Buchmarkt, von weniger verkauften Büchern und dem medialen Überangebot, gerade was Smartphones, Netflix und Co. angeht. Wie ist dein Blick auf die Branche und wie denkst du, sieht die Zukunft aus?

Ich bin optimistisch und mache mir da keine Sorgen. Es kann sein, dass Teile der Gesellschaft nicht mehr lesen, das wird aber mehr als aufgewogen dadurch, dass die, die lesen, mehr lesen.

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